Der ein oder andere von Ihnen wird sich sicherlich auch schon gefragt
haben: Sprechen die Tiere eigentlich mit uns, wenn sie ihre eigentümlichen
Geräusche von sich geben. Was steckt hinter der Botschaft "Priuwitt Witt
Wit", die der Kiebitz während des Fluges übermittelt. Obwohl er seit
Jahrmillionen in Deutschland lebt, bleibt uns seine Sprache fast so fremd
wie die des Chinesen. Was mag das sein "ein Priuwitt"? Ist damit vielleicht
der größte Feind des Kiebitz, der Mähbalken, gemeint?
Immer wenn ich im
Frühjahr mit meiner Kreidler Florett durch die Auen schnüre, schau ich gern
dem fleißigen Landmann zu, wie er mit rasselndem Mähbalken durchs feuchte
Fließ der Wiesen führt. Und über ihm kreist ein Kiebitz und schreit sein
"Priuwitt WittWitt" hinunter ins hohe Gras . Sollte er womöglich damit
seine Jungen warnen wollen, die sich unter der Schale ihrer Eier sicher
fühlen, aber noch nichts von der Allgewalt des mechanischen Schnitters
ahnen.
"Priuwitt Witt Witt", ruft er den Ahnungslosen dort unten im Eie zu
"Der Mähbalken, balken, -balken", schallt es aus sicherer Höhe. Ja, meine
lieben Zuhörer, sicher sind Sie auch der Meinung, daß dies nicht der
richtige Zeitpunkt. ist, um alberne Scherze zu treiben. Was soll diese
kindische Wiederholung des zweiten Wort- bestandteiles: Der Mähbalken,
-balken, -balken. Albern und verspielt wie der Kiebitz nun einmal ist,
schafft er es nicht, in dieser für seine Kinder im Eie äußerst
verhängnisvollen Situation ernst zu bleiben. So ist es auch nicht
verwunderlich, daß die Kiebitzeier nichts zur ihrer Sicherheit unternehmen,
"... der Alte da oben hat mal wieder einen Schub", werden sie denken. Und
das wird womöglich ihr letzter Gedanke bleiben, denn der Mähbalken führt in
unsentimentaler Strenge fort mit dem, was er tun muß.
Zehntausende junger
Kiebitze lassen jährlich ihr Leben, weil die Eltern am Himmelszelt
herumalbern, statt ihrer Brut kurze und präzise Informationen zukommen zu
lassen. "Der Mähbalken, -balken, -balken", das muß man sich mal vorstellen,
da wird junges Leben vernichtet für einen eher schalen Scherz.
Ach, und
wenn der Kiebitz ihn wenigstens auf Deutsch erzählen würde, immerhin die
weitverbreitetste Sprache bei uns, nein, er reißt seinen halbgaren Witz
auch noch in einer Art Vogelchinesisch, so daß wir Tierfreunde am Rande der
Wiese tatenlos zusehen müssen, wie der Mähbalken durchs frische Gelege
rasselt, weil wir sein "Priuwitt" nicht verstehen. Ein sinnloser Tod. Nicht
weil er ein Kiebitz ist, stehen wir ihm nicht bei, das sei an dieser Stelle
ausdrücklich vermerkt, auch wenn ein Chinese hoch uber der nassen Wiese
kreiste und sein klagendes "Priuwitt Witt Witt" hinunter in die Welt
schreite, so blickten wir dem gelben Mann am Firmament genauso staunend
nach wie seinem Kollegen, dem Kiebitz.